Über Angsthunde
Nicht jeder Hund, der sich vor etwas fürchtet oder unsicher reagiert, ist gleich ein Angsthund. Und auch nicht jeder Hund, der Angst hat, hat Schreckliches erlebt. Manche Hunde sind einfach nur schüchtern und brauchen ein paar Erfolgserlebnisse. Andere Hunde sind so in ihrer Angst gefangen, dass sie für Außenstehende völlig unauffällig wirken. Und wieder andere gehen so aggressiv gegen Angstauslöser vor, dass man zunächst gar nicht auf die Idee kommt, es könnte Angst dahinter stecken.
Manche Hunde reagieren ängstlich, weil sie gerade in ihrer Welpenzeit zu wenig erlebt haben. Aber auch ein einziges negatives Erlebnis in einer für den Hund wichtigen Phase (den sog. Spooky Periods) kann größere Folgen haben als eine ungünstige Sozialisation. Nicht jedes Erlebnis löst bei jedem Hund die gleiche Angstreaktion aus. Selbst Wurfgeschwister können sich bei gleicher Aufzucht und gleichen Erlebnissen völlig unterschiedlich entwickeln. Was der eine locker wegsteckt, löst bei dem anderen ein Trauma aus. Gerade bei Hunden aus dem Tierschutz kann ohnehin niemand sagen, was genau dem Hund widerfahren ist.
Wie funktioniert Angst?
Wenn der Hund einen Angstauslöser sieht, reagiert als erstes das autonome Nervensystem. Die Amygdala als Teil des limbischen Systems registriert und bewertet den Reiz, sie sucht innerhalb von Millisekunden nach bekannten Mustern und Bewältigungsstrategien. Fehlen diese, funkt sie „Alarm“ und das System fährt hoch. Der Hypothalamus schickt das Hormon CRH auf die Reise, um den Körper entweder verteidigungs- oder fluchtbereit zu machen. In der Nebennierenrinde wird z.B. das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet, das Nebennierenmark produziert einen Mix aus Adrenalin und Noradrenalin. In der Folge werden z.B. der Herzschlag und die Atemfrequenz erhöht, Schweiß produziert, die Muskeln spannen sich an, die Aufmerksamkeit fokussiert sich auf den Auslöser.
Die gesamte Stressreaktion ist eine autonome Funktion des Körpers, die vom Hund nicht beeinflusst werden kann, aber seine ganze Aufmerksamkeit bündelt. Die Folge ist, dass der Hund oft nicht ansprechbar ist und auch bereits Erlerntes scheinbar vergessen hat. In seiner Erregung greift er auf das erstbeste Verhaltensmuster zurück, dass ihm einfällt. In der Regel sind das Verhaltensweisen, die sich bereits automatisiert haben, zur Routine geworden sind, Verhaltensweisen, über die man nicht lange nachdenken muss. In der Psychologie spricht man von neuronalen Mustern, die sich fest konditioniert haben, weil sie ein paar Mal gut funktioniert haben und/oder immer wieder geübt wurden, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.